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Südwest

Unruhe im Sportverein, weil der Boxtrainer ein Neonazi ist

Ein Jugendtrainer kandidiert für die NPD. Dieser Fall beunruhigt einen Turnverein bei Singen. Wir haben nachgefragt, wie südbadische Vereine reagieren würden – und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen.  

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Unklare Lage: Was, wenn der Sporttrainer für die NPD kandidiert?  | Foto: Matthias Balk
Unklare Lage: Was, wenn der Sporttrainer für die NPD kandidiert? Foto: Matthias Balk
Siegfried Pauly ist Leiter der Boxabteilung beim Turnverein Bietingen nahe der deutsch-schweizerischen Grenzen. Dort trainiert er besonders viele Kinder mit Migrationshintergrund. Und Pauly ist NPD-Kandidat für die Wahlkreise Singen und Konstanz.

Der Sportverein, bei dem Pauly seit zwei Jahren tätig ist, wusste von der rechtsradikalen Orientierung seines Trainers nach einem Bericht des Südkuriers bis vor wenigen Wochen nichts. Seit einem anonymen Hinweis herrscht nun Unruhe. Ein Vater wird zitiert: "Pauly ist ein bundesweit bekannter Aktivist aus der Neonazi-Szene. Aus diesem Grund werde ich meinen Sohn dort nicht zum Training anmelden." Ein Boxtraining wurde nach Medienberichten in dieser Woche bereits abgesagt. Wie es weitergeht, ist noch nicht klar: ein Gespräch zwischen Trainer und Verein stehe noch aus.

Wie gehen Vereine mit politischen Aktivitäten ihrer Trainer um?

Verständnis für die Unruhe im Verein in Bietingen hat Gerhard Wehle, Vorsitzender der 1. Box-Sport-Vereinigung Freiburg. "Wir haben Mitglieder aus vielen Nationen", sagt er. "Die Mitgliedschaft eines Trainers in der NPD könnte den Zusammenhalt im Verein stören", ist er sich sicher. Ein NPD-Mitglied passe nicht in die Gemeinschaft. "Wir würden zuerst mit dem Trainer reden und einen Vereinsaustritt anregen. Falls das Gespräch nicht fruchtet, würden wir prüfen lassen, ob ein Vereinsausschluss möglich wäre."

Walter Hasper ist Geschäftsführer der Freiburger Turnerschaft von 1844 e.V., mit mehr als 6.500 Mitgliedern der größten Sportverein Südbadens. Für ihn ist der Sachverhalt "eine akademische Frage". "Eine solche Situation ist bei uns noch nie vorgekommen und sicher in den Vereinen auch eine Ausnahme." Für unmöglich hält er sie nicht, in Sportvereinen seien schließlich die gleichen Menschen wie im Rest der Gesellschaft. "Zunächst sind alle Menschen zu akzeptieren. Im Verein betätigen sie sich ja zuallererst sportlich, nicht politisch", betont Hasper. "Wenn jemand versuchen würde, seine Meinung der Gemeinschaft aufzuzwingen, würden wir uns intensiv damit beschäftigen und es auch nicht zulassen."

Ähnlich argumentiert auch Maik Hoffmann, 1. Vorsitzender des ESV Weil. "Wir leben in einer Demokratie, hier kann jeder tun und lassen, was er will. Wir als Verein müssen dieses demokratische Verständnis auch unterstützen. Wenn ein Trainer aber im Verein auffällig wird und bei Kinder vorprescht, würden wir dagegen vorgehen. Solange es rein private Aktivität ist, würde ich es zwar nicht mögen, aber müsste es tolerieren."

Hofmann hält einen Vorfall wie in Bietingen in seinem Verein für unwahrscheinlich. "Bei uns sind die meisten Trainer im Verein groß geworden", sagt Maik Hoffmann. "Man kennt sich dementsprechend gut." Trotzdem müssen auch hier – wie bei der Freiburger Turnerschaft – Trainer polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen. "Dabei geht es jedoch primär darum auszuschließen, dass jemand schon einmal Kinder sexuell missbraucht hat."

Kann ein Verein einen Trainer wegen NPD-Mitgliedschaft vom Training ausschließen? Eine pauschale Antwort darauf kann nicht gegeben werden, sie hängt von der Art der Beschäftigung ab. "Liegt ein freies Dienstverhältnis vor, dann besteht grundsätzlich kein Kündigungsschutz", erläutert Michael Schubert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg.

Was, wenn der Druck von außen auf den Verein steigt?

Besteht zwischen Trainer und Verein jedoch ein Arbeitsverhältnis, was bei größeren Vereinen durchaus der Fall sein kann, kann möglicherweise das Kündigungsschutzgesetz greifen. Dann kann bei politischer Tätigkeit außerhalb der Arbeit nur dann gekündigt werden, wenn sie das Arbeitsverhältnis berühren. "Wenn im Verein ausländerfeindliche Äußerungen gemacht oder Werbung für die Partei gemacht werden würde, käme, je nach den Umständen und gegebenenfalls nach Abmahnung, eine verhaltensbedingte Kündigung, bei besonders schwerwiegenden Verstößen sogar eine außerordentliche Kündigung in Betracht."

Auch wenn der Druck auf den Verein steigt, kann eine Kündigung möglich werden. "Wenn Leute abspringen oder Verträge kündigen, kann das unter Umständen auch ohne Verschulden des Arbeitnehmers eine Kündigung rechtfertigen", sagt Schubert. Die Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts an eine sogenannte "Druckkündigung" seien jedoch besonders groß. "Wenn etwa einige Eltern die Vereinsmitgliedschaft kündigen, dürfte es nicht ausreichen."

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Ressort: Südwest

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