Südbaden
Mindestlohn-Fahndung: Verdienen Taxifahrer zu wenig?
Was verdient ein Taxifahrer pro Stunde? Bei Mindestlohn-Razzien im Taxigewerbe in Offenburg, Freiburg und Lörrach haben Fahnder der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zahlreiche Verdachtsfälle gefunden.
Mi, 2. Dez 2015, 6:00 Uhr
Südwest
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
"Guten Morgen, der Zoll", hieß es am vergangenen Freitag vor der Freiburger Uniklinik. Die Fahnder kamen anlasslos und unangekündigt, trugen Schusswaffen zur Eigensicherung, wie sie sagen.
Die Beamten haken nach. Jetzt gibt die Frau an, im Monat zwischen 1200 und 1300 Euro brutto zu verdienen und dafür 190 bis 210 Stunden lang im Dienst zu sein. Stimmt das, läge ihr Stundenlohn irgendwo zwischen 5,71 Euro und 6,84 Euro – viel zu niedrig. Dann würde nicht nur die Fahrerin um einen Teil des ihr zusendenden Lohns gebracht. Dem Staat würden auch Sozialbeiträge vorenthalten, die mit dem Lohn wachsen.
Einsatzleiter Frank Schweizer sagt: "Wir werden der Sache nachgehen und die Bücher des Taxiunternehmens genau prüfen." Das kann Wochen dauern. Der Kampf gegen Schwarzarbeit und Dumpinglöhne wird vom Schreibtisch aus geführt – und er ist zäh. Wenn nötig, werten Fahnder Funkprotokolle der Fahrer mit der Zentrale aus, um die Arbeitszeiten zu prüfen. "Besonders schwierig für uns wird es, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsame Sache machen. Wenn der Arbeitnehmer gar nicht will, dass ans Licht kommt, was er verdient – etwa, weil er fürchtet, seine Arbeit zu verlieren", berichtet Schweizer.
In zahlreichen Fällen erhärte sich der Anfangsverdacht nicht. Viele Befragte vor Ort seien nervös, machten falsche Angaben, verwechselten brutto und netto. In anderen Fällen werden dicke Fische erwischt. Im Sommer wurde ein Freiburger Taxiunternehmer zu einem Jahr und fünf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt, weil schwarzfahren ließ und die Rentenkasse um fast 100.000 Euro prellte.
"Vor Einführung des Mindestlohns war es in der Region üblich, dass Taxifahrern sechs bis sieben Euro die Stunde gezahlt wurde. Wir schauen jetzt genau hin, ob sich daran etwas verändert hat", sagt Schweizer. Taxikontrollen gestalteten sich aber als aufwändig. So gebe es diverse Entlohnungssysteme – Festanstellung, Stundenlöhne, Umsatzbeteiligung.
Während der mehrtägigen Taxikontrollen vergangene Woche in der Region waren 65 Zollfahnder im Einsatz, hinzu kamen neun Mitarbeiter des Amts für öffentliche Ordnung in Freiburg und des Verkehrskommissariats Offenburg.
Die vorläufige Bilanz: In den Fällen von elf Taxifahrern besteht der Verdacht, dass der allgemeine, gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro unterlaufen wurde. Hinzu kommen sieben Verdachtsfälle, dass den Sozialkassen Beiträge vorenthalten wurden. In weiteren sechs Fällen steht im Raum, dass Taxifahrer zu Unrecht Sozialleistungen bezogen haben.
Nach anfänglicher Zurückhaltung nach Einführung des Mindestlohns hat Südbadens Zoll in der zweiten Jahreshälfte verstärkt Branchen durchleuchtet, die als anfällig für unerlaubte Niedriglöhne gelten – neben Taxifirmen die Gastronomie, Hotellerie, Paketdienste und Speditionen.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ