Account/Login

Konstanz

Erpresser vergiftet Lebensmittel - Polizei erhält mehrere Hundert Hinweise

Ein unbekannter Erpresser vergiftet Babynahrung in einem Markt in Friedrichshafen und fordert einen hohen Millionenbetrag. Die Polizei sucht ihn mit Hochdruck und erhält von Bürgern mehrere Hundert Hinweise auf den Mann.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/3
Diese Fotos sollen den mutmaßlichen Erpresser zeigen. Foto: Polizei
Mit vergifteten Lebensmitteln will ein Unbekannter Millionenbeträge von deutschen Supermarkt-Ketten erpressen. Vergiftete Nahrungsmittel, darunter Babynahrung, seien bisher nur in Friedrichshafen am Bodensee gefunden worden, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Betroffen waren demnach fünf Gläschen. Die Ermittler gehen zwar davon aus, alle vergifteten Gläser entdeckt zu haben. Es sei jedoch falsch, sich nur auf Babynahrung zu konzentrieren.

Die Pressekonferenz der Ermittler in Konstanz:

Der oder die Unbekannten gingen skrupellos vor, sagte ein Polizeisprecher. "Wir nehmen den Täter ernst." Die betroffenen Geschäfte waren in einer Erpresser-E-Mail benannt worden. Es sei gedroht worden, 20 verschiedene Lebensmittel zu vergiften, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger bei einer Pressekonferenz in Konstanz. Den Ermittlern zufolge wurde ein zweistelliger Millionenbetrag erpresst.

Als Schadstoff bei der Lebensmittelerpressung wurde den Behörden zufolge Äthylenglykol (optionale Schreibweise: Ethylenglycol) verwendet worden. "Es wurde in die Nahrung eingerührt", sagte Ministerialrätin Petra Mock. Es handele sich um eine klare, süß schmeckende Flüssigkeit. "Schon 30 Milliliter sind bei Erwachsenen gesundheitsgefährdend", sagte sie. Äthylenglykol müsse aber nicht tödlich sein, wenn rechtzeitig ärztlich dagegen vorgegangen werde, sagte Mock.

Äthylenglykol ist beispielsweise in Frostschutzmitteln für Autos enthalten. Der Stoff wird auch eingesetzt beim Enteisen von Flugzeugträgerflächen. In den 80er-Jahren gab es einen Skandal um Äthylenglykol, das zum Aufsüßen von Weinen benutzt wurde. Damals seien Menschen daran gestorben, erinnert sich Werner Deck von der chemischen Fakultät in Freiburg. "Eine entsprechende Dosis Äthylenglykol ist toxisch. Das hat schlimme Auswirkungen auf Nervensystem und Leber. Ein Symptom seien beispielsweise Augenprobleme."

"Es ist damit gedroht worden, 20 verschiedene Lebensmittel zu vergiften" Leitender Oberstaatsanwalt Alexander Boger
In dem Schreiben, das der Erpresser den Konzernen und auch der Polizei zukommen ließ, hatte der Täter zuvor angekündigt, Produkte in Lebensmittel- und Drogeriemärkten im In- und Ausland zu manipulieren. Diese wolle er mit einer Substanz vergiften. In dem Schreiben sprach er konkret auch Märkte in Friedrichshafen an.

Die Behörden veröffentlichten ein Foto eines dringend Tatverdächtigen. Es handele sich um einen etwa 50 Jahre alten Mann mittlerer Größe mit schlanker, sportlicher Statur, sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer. Der Mann habe eventuell zur Tarnung eine Brille getragen. Besonders auffällig sei ein weißer Sohlenrand an den Sportschuhen des Abgebildeten. "Bei dem Mann handelt es sich sehr wahrscheinlich um den Giftausbringer." Die Ermittler haben mehrere Hinweise auf den Erpresser erhalten. Es gebe inzwischen mehrere Hundert Hinweise, sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer am Donnerstagabend in der SWR-"Landesschau".
Personenbeschreibung

Gesucht wird eine männliche Person um die 50 Jahre alt, schlank, von mittlerer Größe. Der Mann soll eine Brille getragen haben, möglicherweise auch zur Tarnung. Außerdem: ein helles Hemd, eine weiß-graue Mütze, eine graue Hose, eine dunkle Umhängetasche und schwarze Sportschuhe mit auffälligem weißen Rand.

Die Polizei bat Kunden um besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit. Es drohten sehr ernsthafte Gesundheitsgefahren bis hin zum Tod, sagte ein Polizeisprecher. Die Menschen sollten auf manipulierte Produkte achten und die Polizei informieren. Es gebe aber keinen Grund für Panik und Hysterie.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg verlangte generell eine rasche Kommunikation. "Verbraucher sollten so schnell wie möglich über Probleme mit Lebensmitteln informiert werden, gerade wenn eine Gefahr für Leib und Leben bestehen könnte", sagte der Sprecher Niklaas Haskamp. Er fügte hinzu: "Wir können das im konkreten Fall nicht bewerten, da wir keinen Einblick in die Ermittlungsvorgänge und möglichen Gründe für den geplanten Veröffentlichungszeitpunkt haben."

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnt bereits über seine Warn-App NINA. Dort gibt sie auch eine Handlungsempfehlung an die Bevölkerung.
Hinweistelefon
Die Polizei Konstanz hat ein Hinweisetelefon eingerichtet und bittet um Mithilfe der Bevölkerung: 07531/9953434

Vergiftete Lebensmittel als Druckmittel

Juli 2017: Das Landgericht Bonn verurteilt einen Rentner zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Der 74-Jährige hatte Haribo mit der Vergiftung von Gummibärchen gedroht. Außerdem erpresste er die Unternehmen Lidl und Kaufland. Er forderte eine Million Euro in der Internet-Währung Bitcoin.

Zudem begann in Dortmund der Prozess gegen zwei 45 und 46 Jahre alten Männer. Sie sollen mit Gift versetzte Gläser mit Brotaufstrich in mehreren Lidl-Filialen deponiert haben. Sie forderten fünf Millionen Euro in Bitcoins vom Unternehmen.

März 2017: Ein 38-Jähriger wird vom Landgericht Kiel wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte auf Schulhöfen mit Insektiziden vergiftete Marzipanherzen ausgelegt. Damit wollte er von der Handelskette Coop drei Millionen Euro erpressen, zahlbar in der digitalen Währung Bitcoins.

Oktober 2015: Ein 38-jähriger Mann wird vom Landgericht Köln wegen versuchter Erpressung der Supermarktkette Rewe zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er hatte 15 Millionen Euro gefordert und dem Konzern gedroht, Lebensmittel zu vergiften.

Mai 2013: Ein 61-Jähriger wird wegen versuchter Erpressung des Lebensmitteldiscounters Aldi-Süd vom Landgericht Duisburg zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er hatte per E-Mail 15 Millionen Euro gefordert und mit vergifteten Lebensmitteln gedroht.

Juli 2010: Das Landgericht Aachen verurteilt einen Erpresser des Marmeladen-Produzenten Zentis zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft. Er hatte damit gedroht, vergiftete Marmelade in den Handel zu bringen, und 500 000 Euro verlangt.

Januar 2010: Wegen versuchter Erpressung des Süßigkeitenherstellers Ferrero wird ein Kneipenwirt aus dem Sauerland zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Der Mann hatte 2008 ein Päckchen mit vergifteten Pralinen und Nougatcreme an die Firma geschickt. Er verlangte 950 000 Euro.

Ressort: Südwest

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel