"Wir legen Bücher ans Herz"

ZISCHUP-INTERVIEW mit dem Lahrer Buchhändler Martin Schwab über seine Liebe zu Büchern und die Konkurrenz mit Amazon.  

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Bücher aus dem Karton oder dem Laden?  | Foto: Koschek(fotolia.com)
Bücher aus dem Karton oder dem Laden? Foto: Koschek(fotolia.com)

Immer mehr Menschen kaufen ihre Bücher nicht mehr im Buchladen, sondern bestellen sie bei Amazon. Ist praktischer, sagen sie. Klar, ein paar Mausklicks und schon steht ein, zwei Tage später ein Päckchenbote vor der Tür, der das verpackte Buch übergibt. Zischup-Reporter Benedict Braun aus der 9b des Max-Planck-Gymnasium in Lahr wollte von Martin Schwab wissen, was er als kleiner Buchhändler einem Riesenunternehmen wie Amazon überhaupt noch entgegensetzen kann.

Zischup: Was haben Sie, was Amazon nicht hat?
Schwab: Bei Amazon kann man die Bücher nicht in die Hand nehmen und den Geruch der Bücher aufnehmen. Wir Buchhändler haben einen gemeinsamen Slogan entwickelt, der genau auf den Punkt bringt, was wir können und Amazon nicht. Und dieser Slogan lautet: Wir legen Bücher ans Herz und nicht bloß in den Versandkarton. Anders als Amazon beraten wir unsere Kunden persönlich und bieten Bonushefte sowie vielfältige Aktionen an
Zischup: Es gibt so viele Bücher. Wie entscheiden Sie, welche Bücher Sie einkaufen und welche nicht?
Schwab: Im Frühling und im Herbst senden uns die Verlage immer ihre jeweilige Programmvorschau. Bei der Auswahl vertrauen wir Buchhändler auf unsere Erfahrungswerte und können darum abschätzen, welche Bücher sich daraus gut verkaufen. Durch die Bestseller können wir uns es auch erlauben, Neues zu probieren und in unser Programm mit aufzunehmen, um den Kunden auch auf noch unbekannte Bücher aufmerksam zu machen. Da etwa 70 000 Bücher pro Jahr erscheinen, müssen wir natürlich im Rahmen unseres Warenwirtschaftssystems auswählen. Wenn etwas nicht vorrätig ist, bestellen wir es natürlich individuell für unsere Kunden. Und lange dauert das auch nicht.
Zischup: Wenn man den ganzen Tag von Büchern umgeben ist, hat man dann überhaupt noch Lust dazu, in seiner Freizeit nach einem Buch zu greifen, um es zu lesen?
Schwab: Also ich habe trotzdem immer noch Lust auf Bücher. Und auf meinem Nachtisch liegen mindestens fünf Bücher, die ich gerade lese oder bald lesen will. Wenn man sich für den Beruf des Buchhändlers entscheidet, ist es wie bei dem Beruf eines Schauspielers, man kann sich einfach nicht mehr vorstellen, einen anderen Beruf auszuüben.
Zischup: Haben Sie eigentlich auch Lieblingsautoren?
Schwab: Franz Kafka, Martin Suter und Ken Follett.
Zischup: Sie haben recht häufig interessante Lesungen in Ihrer Buchhandlung. Was muss man bei der Organisation solcher Veranstaltungen beachten?
Schwab: Zuerst muss man die Interessen der Zielgruppen herausfinden. Dann ruft man beim Verlag an und fragt nach Neuheiten eines bestimmten Autors oder einer bestimmten Autorin und nach den Kosten. Dann schaut man, ob es sich lohnt und sich genügend Leute dafür interessieren.Vier Wochen vor der Lesung macht man Werbung auf der Homepage. Eine Woche vor der Lesung werden die Zeitungen informiert. Dann müssen noch die Stühle gestellt und die Bücher, die vorher beim Verlag bestellt wurden, präsentiert werden. Oft gibt es noch ein kleines Rahmenprogramm, welches zum Thema der Lesung passt.
Zischup: Nehmen Sie lieber Bücher zum Lesen in die Hand oder nutzen Sie auch E-books ?
Schwab: Meistens lese ich Bücher, oft werden die Texte vom Verlag bereits als E-Book geschickt. Was glaubst Du, wie hoch ist der Anteil der E-Books an allen verkauften Büchern?

"Das gedruckte Buch hat

immer noch einen Anteil

von 98 Prozent."
Zischup: Ich würde rund 40 Prozent schätzen.
Schwab: Es wird immer wieder in der Öffentlichkeit damit geworben, dass der Anteil an E-Books um gut 40 Prozent gesteigert wurde. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass der Anteil vorher bei gerade mal einem Prozent lag und dieser Wert daher relativ ist. Das gedruckte Buch hat noch immer einen Anteil von 98 Prozent!
Zischup: Gibt es denn auch Bücher, die Sie Ihren Kunden nur ungern anbieten und verkaufen wollen?
Schwab: Das ist selten, aber ich hatte mir wirklich ernsthaft überlegt, ob ich die Bücher des Autors Thilo Sarrazin überhaupt verkaufen soll. Aber das Buch wurde entsprechend nachgefragt und ich kann den kaufmännischen Aspekt leider nicht ganz außer Acht lassen. So etwas muss man sich auch erst mal leisten können. Um die Existenz einer Buchhandlung zu sichern, die sich wie die meine in einer sehr guten Lage in der Lahrer Fußgängerzone befindet, müssen täglich rund 180 Bücher über den Ladentisch gehen.

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