"Vieles können wir noch gar nicht absehen"

BZ-INTERVIEWmit der Biologin Alexandra-Maria Klein über die Folgen menschlichen Handelns für die Natur.  

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Klein  | Foto: Pelikan
Klein Foto: Pelikan

Der Mensch verändert die Welt wie kein Lebewesen vor ihm. Wissenschaftler sprechen vom Anthropozän, dem Menschenzeitalter. Jannik Jürgens fragte die Freiburger Biologin Alexandra-Maria Klein nach den Folgen unseres Handelns.



BZ:
Frau Klein, was bedeutet der WWF-Report für uns Menschen?
Klein: Zunächst zeigt der Report, dass bestimmte Tierpopulationen abnehmen und sich ihre Lebensgemeinschaften verändern. Das liegt hauptsächlich am Verlust und an der Veränderung ihrer Lebensräume. Es ist Fakt, dass sich die Welt stark verändert – und das auf Kosten der Natur. Gleichzeitig entfremden wir Menschen uns von der Natur. Das ist ein großes Problem, weil wir in unserem Alltag von den Veränderungen nichts mitbekommen. Der Report zeigt auch, dass der Artenschwund konkrete Einflüsse auf uns haben kann. Die Nahrungsmittelsicherheit kann zum Beispiel in Gefahr geraten. Und viele Dinge können wir noch gar nicht absehen.
BZ: Was meinen Sie damit?
Klein: Denken sie an die Verdriftung. Dahinter steht die Frage, warum Insektenpopulationen auch in Regionen ohne Landwirtschaft zurückgehen. Bei uns können wir die Ursachen des Rückgangs damit erklären, dass wir mehr Ackerfläche bewirtschaften und die Ressourcen für die Insekten weniger werden. Aber in anderen Teilen der Welt ist das nicht der Fall – und die Populationen gehen trotzdem zurück, selbst im Regenwald. Manche Wissenschaftler fragen sich nun, über welche Entfernungen Pestizide verdriftet werden.
BZ: Wie bewerten Sie die Qualität der Daten des Reports?
Klein: Neben den Daten wissenschaftlicher Publikationen, die begutachtet worden sind, gibt es auch Material aus Datenbanken, das nicht begutachtet wurde, aus Regierungsberichten zum Beispiel. Die Autoren haben auch auf Citizen-Science-Projekte zurückgegriffen, bei denen Laien Tiere gezählt haben. Mit einer guten Einführung können sie Tiere genauso gut zählen wie Wissenschaftler. Diese Daten verändern den Trend nicht.
BZ: Ist der Rückgang der Tierpopulationen nicht auch eine logische Konsequenz der wachsenden Bevölkerung?
Klein: Klar. Jedes Ökosystem hat eine carrying capacity, also eine Tragfähigkeit. Ab einer bestimmten Anzahl von Bewohnern ist diese überschritten. Das gilt auch für die Erde. Wir überschreiten sie gerade massiv. Wenn wir wachsen und Ressourcen verschwenden, dann können wir nicht so weiterleben. Ich denke viel über die Ursachen der Ursachen nach. Denn meist wissen wir, warum bestimmte Populationen zurückgehen. Aber bei den Ursachen der Ursachen tun wir uns schwerer. Dies führt am Ende oft zu dem Punkt, dass wir einfach zu viele Menschen sind, die zu verschwenderisch leben. Jeder einzelne von uns könnte mit kleinen Veränderungen etwas für die Natur und für seine Lebensgrundlage tun.

Alexandra-Maria Klein ist Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg.
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