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Italien

Venedig testet Sechs-Milliarden-Euro-Projekt gegen Hochwasser

Rund 80 mobile Flutschutzbarrieren sollen Venedig vor Hochwassern schützen. Am Freitag wurde die "Mose"-Anlage zum ersten Mal getestet: Es ist ein symbolischer Moment für die Lagunenstadt.  

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Im November 2019 stieg das Wasser auf 187 Zentimeter über Normalnull und überflutete die Altstadt. Foto: Andrea Merola (dpa)
Langsam erscheinen gelbe Barrieren auf der glatten Wasseroberfläche. An Hochwasser erinnert hier an diesem ruhigen Sommertag rein gar nichts. Doch die Flutschutzanlage "Mose" soll – wie der Prophet in der Bibel – Venedig künftig vor verheerenden Überschwemmungen schützen.

Druckluft soll die Barrieren aus dem Wasser heben

Am Freitag wurde das Projekt erstmals komplett getestet und fast 80 mobile Flutschutzbarrieren wurden an drei Laguneneingängen ausgefahren. Es ist ein symbolischer Moment für Venedig. Entsprechend groß war das Aufgebot an Politikern. Selbst Regierungschef Giuseppe Conte kam, um den Test im Kontrollraum zu eröffnen.

Von außen sieht "Mose" (modulo sperimentale elettromeccanico) ziemlich unspektakulär aus. In einem Koloss aus grauem Beton ist der Kontrollraum auf einer Insel in der Nähe des Lido untergebracht. Dass hier Hightech das Unesco-Welterbe schützen soll, erschließt sich nicht sofort. Erst unterirdisch lässt sich erahnen, was für ein kompliziertes Unterfangen das ist. In einem etwa 400 Meter langen Gang verlaufen große glänzende Edelstahlrohre und graue Schläuche. Druckluft soll bei Flut die Barrieren aus dem Wasser heben, die dann Adria-Wasser aus der Lagune fernhalten und die Stadt vor dem sogenannten "Acqua Alta" schützen sollen.

Rund sechs Milliarden Euro soll das Ganze kosten – viele befürchten, dass es noch teurer wird. Seit Jahrzehnten laufen die Planungen, vor etwa 17 Jahren gab es den ersten Spatenstich. Doch Korruption, Bürokratie, fehlende Entscheidungen, politische und wirtschaftliche Eigeninteressen sind ein toxischer Mix, der "Mose" wie so viele andere Großbauprojekte in Italien ins schier Unendliche hinauszögert. "Es ist richtig, Zweifel zu haben", sagte Conte. Nun sollten aber alle auf das Ziel hinarbeiten, das Projekt endlich zu beenden.

Zuletzt hatten Tests technische Schwierigkeiten offenbart, weil Sand die Funktion der Barrieren beeinträchtigt hatte. Die Angst vor einem Flop ist nicht unberechtigt. Dementsprechend gibt es auch genügend Gegner der Flutschutzanlage in Venedig. "Nach dem Hochwasser vom 12. November 2019 haben sie uns gesagt, dass Mose die einzige Lösung sei, um Venedig zu retten: Es ist eine beschämende Lüge. Mose wird die Lagune töten, es wird dieses einzigartige und empfindliche Ökosystem zerstören", erklärte das Bündnis No Grandi Navi, das sich auch gegen die Kreuzfahrtschiffe in der Lagune einsetzt. Einige Gegner fuhren daher auch am Freitag aufs Wasser, um zu protestieren. Manch einer befürchtet, dass "Mose" die Stadt noch mehr gefährdet und sie schlussendlich von einem "Tsunami" geflutet werden könnte. Doch dass Venedig einen Hochwasserschutz braucht, hat die letzte Flut deutlich gemacht: Am 12. November stieg das Wasser auf 187 Zentimeter über Normalnull und überflutete den größten Teil der Altstadt.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 11. Juli 2020: PDF-Version herunterladen

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