Schülerlotse und gute Seele
Sicherer Schulweg dank roter Kelle
An der Adolf-Reichwein-Schule finanziert der Eltern- und Freundeskreis die Aufwandsentschädigung für einen Schülerlotsen.
Fr, 11. Okt 2013, 10:21 Uhr
Neues für Kinder
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Am Zebrastreifen vor der Adolf-Reichwein-Schule, einer Grund- und Förderschule, herrscht morgens Chaos: Autos bleiben stehen – Tür auf, Kind raus – und fahren weiter, während die Fahrzeuge dahinter schon zum Überholen ansetzen. Dass auf der Gegenspur Laster anrollen, die dem Rewe-Markt an der Ecke sein Frischfleisch liefern, und Kinder am Zebrastreifen stehen und warten, scheint sie nicht weiter zu interessieren. Sie wollen weiter.
Kommen sie aber nicht, denn ein großer Mann in neongelber Weste aus Polyester schiebt sich vollkommen unaufgeregt auf die Bugginger Straße. In seiner Hand hält er eine rote Kelle, die die Autos links und rechts des Zebrastreifens zum Stoppen bringt. Kaum ist das passiert, setzt sich das Rudel Kinder in Bewegung und überquert den Zebrastreifen.
Gaetano Rinaldi regelt seit Juni 2012 jeden Morgen und Mittag den Verkehr am Zebrastreifen vor der Adolf-Reichwein-Schule. In der Zeit dazwischen geht er über den Schulhof, hebt Glasscherben auf, sichtet die Jungentoiletten oder streicht auch mal eine Wand im Foyer der Schule. Eigentlich ist Rinaldi gelernter Bäcker. Als 22-Jähriger kam er aus einem sizilianischen Dorf nach Deutschland, vor 30 Jahren ist er in die Breisgau-Metropole gezogen.
Jobs hat er schon viele gehabt: 15 Jahre lang war Rinaldi in einer Schlosserei in Umkirch, nachdem die Firma Konkurs gegangen ist, hat er immer wieder für Geld gemalert und tapeziert.
Dass er Schülerlotse wurde, ist Zufall: Um ihr tägliches Verkehrschaos in den Griff zu bekommen, fragte die Schulleitung der Adolf-Reichwein-Schule 2012 beim Nachbarschaftswerk Weingarten (NBW) an, ob dort nicht jemand einen möglichen Zwei-Euro-Jobber kenne, der an fünf Tagen die Woche für ihre Schüler den Lotsen gebe. "Das NBW kannte mich von einem Handwerkskurs, an dem ich kurz zuvor teilgenommen hatte. Und so kam ich hierher an die Schule", erinnert sich Rinaldi. Ja, ihm gefalle der Job sehr gut. Auch die Schule freut sich, dass Rinaldi den Zebrastreifen vor der Schule endlich zu einem sicheren Übergang für die Schüler macht.
Damit er das auch in Zukunft kann, musste die Schule aus Rinaldis Zwei-Euro-Job, der nach den ersten sechs Monaten einmal verlängert wurde, eine ehrenamtliche Tätigkeit machen, für die er seit Juni 2013 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 200 Euro im Monat bekommt. Dazu Schulleiterin Sylvia Bohn: "So ein Zwei-Euro-Job darf nur einmal verlängert werden. Danach ist Schluss." Um Rinaldi auch danach halten zu können, hat die Schulleitung bei ihrem Eltern- und Freundeskreis nachgefragt, ob er danach nicht für Rinaldis Ehrenamt aufkommen kann. Und dieser habe, so Bohn weiter, sofort mit einem "Klar, machen wir!" auf den Antrag reagiert.
Das Modell scheint zu funktionieren und könnte eventuell auch andernorts den Schulweg von Kindern sicherer machen – zum Beispiel in St. Georgen.
Für die Adolf-Reichwein-Schule jedenfalls ist Rinaldi ein echter Gewinn. Zumal der Sizilianer längst nicht nur Schülerlotse ist, sondern eine der "guten Seelen im Haus", sagt Bohn. Demnächst soll er mit Kindern im Rahmen eines Schulprojekts sogar wieder Brot und Pizza backen.
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