Baden-Württemberg
Totes Tier bei Lahr: Ist der Wolf nach 150 Jahren zurück im Südwesten?
Luchs und Wildkatze sind zurück in Baden-Württemberg – und nach 150 Jahren auch der Wolf? An der A5 bei Lahr ist ein totes Tier entdeckt worden, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um einen Wolf handeln könnte.
Alexandra Röderer & dpa
Do, 25. Jun 2015, 11:08 Uhr
Lahr
Thema: Wolf Schwarzwald
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Klarheit soll eine genetische Untersuchung des Kadavers bringen. Das Tier wurde zur weiteren Untersuchung an das auf Wölfe spezialisierte Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin abgegeben. Genetische Proben wurden zudem an das Senckenberg-Institut und an Gen-Labore in der Schweiz und Frankreich versandt. In zwei Wochen rechnet Herdtfelder mit den Ergebnissen.
Sie sollen auch ausschließen, dass es sich um einen Hybriden handelt, also einer Mischung aus Wolf und Hund. "Aber das ist relativ selten", so Herdtfelder. In Deutschland sei nur von einem Fall bekannt, in dem sich eine Wolfsdame mit einem Hund eingelassen habe. "Und da sahen die Nachkommen auch irgendwie komisch aus."
Der Wildbiologe und seine Kollegen gehen aktuell davon aus, dass das gefundene Tier etwa zwei Jahre alt war. Wo es herkam, ist derzeit ungewiss. "Das ist natürlich eine Frage, die uns unter den Nägeln brennt", so Wildbiologe Herdtfelder.
In Europa leben nach Angaben des World Wide Fund for Nature (WWF) mehr als 10.000 Wölfe. In Deutschland streifen etwa 300 der Tiere durch die Wälder. In Ost- und Norddeutschland, in Italien und in der Schweiz haben sich Wölfe mittlerweile etabliert, auch in den Vogesen sind sie wieder unterwegs. Dass es den Wolf nun womöglich auch wieder nach Baden-Württemberg verschlagen hat, ist für den Experten keine Überraschung: "Sie breiten sich seit 15 bis 20 Jahren immer weiter aus, wir haben uns eher gewundert, dass es bisher keinen Nachweis gab", sagt Herdtfelder. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es vor dem bei Lahr überfahrenen Tier nicht schon andere Wölfe gab, die durch den Schwarzwald streiften – ohne dass es aber jemand bemerkt hätte. Seit Jahren wird der Wolf im Südwesten zurückerwartet. Das letzte Exemplar in Württemberg wurde 1847 erlegt, das letzte badische 1866 bei Zwingenberg im Odenwald.
Die Wildtiere kehren nach und nach zurück in den Südwesten. Erst Mitte April hatten Experten im Hochschwarzwald einen Luchs eingefangen, ihn betäubt und ihn mit einem Peilsender versehen. Seitdem verfolgen Freiburger Wildtierökologen jeden einzelnen Schritt des Tieres, das im Elztal umherstreift. Die Rückkehr von Luchs, Wildkatze und Wolf wird von vielen Menschen aber nicht ohne Furcht verfolgt. "Die Sorge, dass man von einem Wolf angegriffen wird, kann man aber schnell zerstreuen", so Herdtfelder. Zwar seien Jungtiere neugierig, aber gerade erwachsene Wölfe würden den Menschen eher scheuen. "Und sollte man doch einem begegnen, sollte man keine Angst haben und lautstark auf sich aufmerksam machen."
Der Wolf unterliegt internationalen Artenschutzbestimmungen sowie als streng geschützte Art den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes. Er darf in Deutschland nicht gejagt werden.
"Falls die Laborergebnisse bestätigen, dass es sich beim aufgefundenen Tier um einen Wolf handelt, greift unser Handlungsleitfaden", so Agrarminister Alexander Bonde am Donnerstag in Stuttgart. Dieser sehe vor, eine Koordinationsgruppe einzuberufen, in der neben den zuständigen Naturschutzbehörden auch Naturschutz-, Jagd- und Landnutzerverbände vertreten sind. Der Handlungsleitfaden legt für den Fall des Auftretens von Wölfen in Baden-Württemberg einen Maßnahmenkatalog und Handlungsroutinen fest. Er beschreibt den rechtlichen und administrativen Handlungsrahmen und regelt Zuständigkeiten, Kommunikationswege, Handlungsroutinen sowie das Monitoring.
Mittlerweile leben rund 30 Rudel, vier Paare und vier Einzeltiere in den bislang 38 Territorien Deutschlands, sagt die Wildbiologin Britta Habbe. Sie kümmert sich im Auftrag der Landesjägerschaft Niedersachsen um das Wolfsmonitoring.
Damit seien bundesweit vermutlich rund 300 freilebende Tiere unterwegs. Dazu kommen die in den vergangenen Wochen geborenen Welpen – laut Habbe im Schnitt fünf pro Rudel. Die meisten Wölfe ziehen durch Sachsen und Brandenburg.
Auf seinen Streifzügen kann ein hungriger Wolf in einer Nacht gut 50 Kilometer zurücklegen. Auf seinem Speiseplan stehen Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Unter den Nutztieren sind besonders Schafe betroffen. Das Revier eines Rudels ist häufig mehr als 200 Quadratkilometer groß.
- Wildtiere im Schwarzwald: Und wenn der Wolf kommt?
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