Populismus

Facebook-Seite "Whyeurope" ist pro-europäisch und populistisch

Die pro-europäische Facebookseite "Whyeurope" will einfache Antworten auf die Frage geben: Warum brauchen wir die EU? Sie ist erfolgreich – und ein bisschen populistisch  

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„I love you“ oder „I love EU“? Ein Post von Whyeurope   | Foto: whyeurope
„I love you“ oder „I love EU“? Ein Post von Whyeurope Foto: whyeurope
Warum Europa? Whyeurope ist eine öffentliche Facebookseite mit einer pro-europäischen Leitlinie. Ziel ist, der zentralen Frage auf den Grund zu gehen: Warum brauchen wir die EU? Die Antworten sind kreativ, lustig und liefern eine positive Perspektive auf das, was die EU uns tagtäglich ermöglicht. Die Seite wurde im Juni vergangenen Jahres von drei Studenten aus Freiburg gegründet. Sie hat mehr als 10 400 Gefällt-mir-Angaben, und ihre Posts erreichen im Monat durchschnittlich 600 000 Facebook-Nutzer. Im Vergleich: Andere pro-europäische Seiten wie die der Jungen Europäischen Föderalisten Freiburg kommen nur auf über 518 Likes. Warum macht Whyeurope Europa den Facebook-Nutzern schmackhafter als andere Versuche? Das könnte dem Quäntchen Populismus zu verdanken sein.

Hauptsächlich sind die täglichen Publikationen in englischer Sprache verfasst. Es gibt aber auch Beispiele auf Deutsch oder in anderen europäischen Sprachen. So etwa in der Bilderreihe "stay with us", deren Slogan in zahlreichen Sprachen geschrieben und mit dem jeweiligen Mitgliedsland unterzeichnet ist. Die von Whyeurope in Bild oder Videoform präsentierten Standpunkte reichen von generellen Aussagen wie "Europa weil: Vielfalt und Zusammengehörigkeitsgefühl" bis hin zu konkreten Beispielen wie "Europa weil: die EU unabhängige Filmproduzenten in dein Kino bringt." Das Konzept von Whyeurope unterscheidet sich von anderen Pro-EU-Seiten. Anstatt lange Artikel zu komplexen Europathemen zu veröffentlichen, werden knackige kurze Ansagen gemacht. Die Bilder von Whyeurope geben klare und einfache Antworten auf komplexe Problematiken. "Ziel ist es, den Einfluss der EU auf das tägliche Leben deutlich zu machen", sagt Hans-Christoph Schlüter, Student in Freiburg und Mitbegründer von Whyeurope. "Wir wollen Menschen in Kontakt mit Europa bringen und ihnen zeigen, dass die EU einen direkten Einfluss auf ihren Alltag hat."

Es soll – erstens – darum gehen, Pro-Europäer zusammenzubringen und – zweitens – auch mit guten Beispielen die Interessenten zu locken. "In unserer Anfangsphase beschränkte sich der Adressatenkreis auf Studenten. Mittlerweile kommen auch ältere Facebook-Nutzer dazu", sagt Schlüter. Umfragen zufolge gelingt es dem Populismus besonders gut, Nichtwähler zu mobilisieren. "Uns liegt es am Herzen, nicht nur ein intellektuelles Publikum zu erreichen. Wir möchten, dass sich bildungsfernere Menschen ohne Abitur und Studium für die Posts interessieren. Also genau das Publikum, das für Populismus generell empfänglicher ist", fügt Schlüter an.

Die Facebookseite bedient sich bei der Verbreitung ihrer Inhalte Methoden, die bisher überwiegend vom populistischen Lager verwendet wurden. Überzeugt werden soll mit einfacher Sprache. Das ist nach Michael Wehner, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung in Freiburg, eine wichtige Komponente erfolgreicher Politik: "Einfaches und verständliches Kommunizieren ist eine zwingende Konsequenz in einer immer komplexer werdenden Welt. Die Bürger müssen die Inhalte verstehen." Populistische Rhetorik könne positiv umgekehrt werden, so Schlüter. Es soll sich prinzipiell für etwas ausgesprochen werden, um sich erst im nächsten Schritt konkrete Gedanken zu komplexen Sachverhalten zu machen. Schlüter bezeichnet das besagte positive Herausheben mit dem Begriff des "Positiven Populismus". Dieser könne das Bindeglied zwischen politischer Institution und dem einfachen Bürger sein.

In der Wissenschaft geht der Begriff des Populismus’ mit einer Emotionalisierung der Botschaften einher. Diese Strategie verfolgt auch Whyeurope: "Wir emotionalisieren unsere Beiträge und das ganz bewusst. So lassen sich die Menschen in den Bann ziehen", meint Schlüter. Im Gegensatz zum rechtspopulistischen Kalkül schürt Whyeurope aber weder Angst, noch inszeniert es eine nostalgische Vorstellung vergangener Zeiten. Anstelle von Anfeindungen, Ablehnungen und Beschuldigungen steht eine positive Bewertung des gemeinsam Geschaffenen im Vordergrund. Am Valentinstag gab es für einsame Herzen den Spruch: "Kein Valentinsherz? Keine Sorge: Europa ist wie ein Date mit 27 Ländern." Gepfeffert wird das Ganze mit einer Prise guten Humors. "Ein erfolgreicher Post war das Bild von Spongebob. Das Bild erschien 33 000 Mal auf den Facebook-Pinnwänden von Nutzern", berichtet Schlüter. Bilder im Comic-Stil sprechen Menschen schnell und gezielt an.

Der Rückzug ins Nationale ist keine Alternative

Unter anderem zählt zur populistischen Vorgehensweise die Betonung des Wir-Gefühls. Der Rechtspopulismus versucht, dies durch eine volkszentrierte Sichtweise zu schaffen. Wenn man von der Idee der Volkszentralisierung abweiche und ein Zusammengehörigkeitsgefühl auf eine höhere Ebene führe, könne ein europäisches Wir-Gefühl ebenso unter Europäern propagiert werden, so Wehner: "Immerhin ist Europa auf der Basis eines Europa-Gefühls entsprungen. Sicher ist es einen Versuch wert, dieses Gefühl zu stärken". Der Rückzug ins Nationale könne im Hinblick auf die globalen Veränderungen jedenfalls keine Alternative darstellen, stellt er fest.

Hannah Kozma, selbstständige Designerin in Straßburg, hat Whyeurope geliked. Sie ist von vielen Nationalitäten beeinflusst. Ihre Mutter ist Deutsche, geboren und aufgewachsen ist sie in Rumänien, und seit fünf Jahren lebt sie in Frankreich. Außerdem hat sie eine enge Verbindung zur ungarischen Kultur. Und ihre Schwester ist mit einem Österreicher verheiratet. Sie könne sich vorstellen, später in einem anderen europäischen Land zu leben: "Ich kann mich keiner Nation zuordnen. Ich habe eine europäische Identität und bin stolz darauf." Das Wichtigste sei ihr das Gefühl von Zusammengehörigkeit, sagt sie: "Die Bilder von Whyeurope sind lustig. Ich finde, es ist ein perfektes Mittel, um sich für Europa stark zu machen."

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