Kino
Die Doku "Guardians of the Earth" über den Pariser Klimagipfel 2015
Der Filmtitel erinnert an Superhelden – und Regisseur Filip Antoni Malinowski inszeniert seine Doku auch als spannenden Polit-Thriller. Doch leider: Superhelden werden die Erde nicht retten.
Do, 31. Mai 2018, 20:05 Uhr
Kino
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Und Malinowski inszeniert die Konferenz der 20 000 Teilnehmer aus 195 Ländern als spannenden Polit-Thriller: mit einem treibenden Soundtrack (Nils Frahm), mit Krisen und dramatischer Zuspitzung. Das Gewusel in den Gängen und die zornigen Auftritte von Aktivisten auf der Straße, die Arbeitsgruppensitzungen hinter verschlossenen Türen und die hitzigen Debatten im Plenum demonstrieren, was beim Gipfel von 2015 auf dem Spiel stand: das Überleben der Menschheit.
Die Fülle der Positionen wird gebündelt durch Protagonisten wie die charismatische Leiterin der US-Klimarahmenkonvention Christiana Figueres oder den damaligen französischen Außenminister Laurent Fabius, der als Präsident die schwierige Aufgabe hatte, knirschende Gespräche wieder ins Laufen zu bringen, ohne jede Vereinbarung im zahnlosen Vielleicht zu verwässern. Darum wurde nämlich erbittert gerungen: Schreiben wir in den Abschlusstext nun, man "soll", "sollte" oder "könnte" sich auf bestimmte Klimaziele verständigen?
Man muss, würde Saleemul Huq aus Bangladesch sagen, der seit dem ersten Klimagipfel, 1995 in Berlin, für die Rechte der am wenigsten entwickelten Länder kämpft. Weil sie längst erleben, was die Industriestaaten noch ein paar Jahre verdrängen könnten. Auch Ronny Jumeau, Chefunterhändler der Seychellen, kann das nicht. Er zeigte dramatische Bilder aus seinem Inselstaat, der vom ansteigenden Meeresspiegel verschluckt zu werden droht – wobei ignorante Touristen von ins Meer versinkenden Palmen offenbar auch noch in romantische Verzückung versetzt werden.
Für einen der emotionalsten Momente des Films sorgen Archivszenen: Yeb Sano trat als Chefunterhändler der Philippinen beim Klimagipfel 2013 in Warschau angesichts des verheerenden Supertaifuns in seiner Heimat und der Tatenlosigkeit der Weltgemeinschaft in den Hungerstreik.
2015 aber brachte tatsächlich den seit zwei Jahrzehnten angestrebten Durchbruch: In der Abschlussvereinbarung verpflichteten sich die 195 Länder, die Erwärmung auf weit unter 2 Grad Celsius zu halten, ja eine Begrenzung auf 1,5 Grad zu versuchen. Die Guardians of the Earth schienen gesiegt zu haben. Happyend? Von wegen: In der Erdatmosphäre ist so viel Kohlendioxid wie nie, Deutschland etwa hatte schon Ende März 2018 sein Jahreskontingent ausgestoßen.
Das erzählt der Film allerdings nicht. Er wird gerahmt von Aussagen des US-Präsidenten Trump, der den Klimaschutz für Schwachsinn hält und das Pariser Abkommen aufgekündigt hat. So fatal das ist, so fahrlässig ist Malinowskis einseitige Schuldzuweisung. Beim Klimaschutz geht es ja nicht darum, einen Schurken zu bekämpfen, sondern die Erderwärmung. Wie kann das überhaupt gelingen, wie sollen die ambitionierten Ziele von 2015 umgesetzt werden? Das sind nicht nur Aufgaben für die Weltklimakonferenz Ende 2018 in Kattowitz, sondern Fragen an jeden Konsumenten. Das Wächteramt an einen Trupp von Superhelden zu delegieren – sowas gibt es leider nur im Kino.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ