Kampagne des Ministeriums und des SC Freiburg

Handys am Steuer: 571 mal Bußgeld in Freiburg

Alle wissen, dass es verboten ist, aber trotzdem greifen sehr viele Menschen beim Auto- oder Radfahren zum Handy. In Freiburg hat die Ordnungsbehörde deshalb in diesem Jahr schon mehrere hundert Strafzettel verschickt.  

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Die Kampagne heißt „Nicht ablenken lassen – Finger weg vom Handy“ Foto: dpa
Obwohl seit 2001 die Benutzung von Handys im Verkehr verboten ist, wird das Problem laut Polizei immer größer. Allein in diesem Jahr hat das städtische Amt für öffentliche Ordnung schon 549 Bußgeldbescheide an Autofahrer – 92 Prozent davon wurden durch Auswertung von Blitzerfotos überführt – und 22 an Radler verschickt, die beim Fahren telefoniert haben. "Nicht ablenken lassen – Finger weg vom Handy" heißt eine Kampagne, die das baden-württembergische Verkehrsministerium am Samstag mit dem SC Freiburg vor dem Spiel gegen Union Berlin vorgestellt hat.

"Man muss sich auch selbst kritisch hinterfragen"Oliver Leki
"Man muss sich auch selbst kritisch hinterfragen", sagt Oliver Leki zum Thema Handynutzung im Auto. Damit spricht der Vorstand des SC Freiburg an, was der Polizei Sorgen bereitet: Der Umgang mit dem Smartphone im Straßenverkehr ist leichtsinnig. "Jeder kennt das Risiko, jeder weiß um das Verbot, und trotzdem nimmt das Problem zu", sagt Uwe Oldenburg, Leiter der Verkehrspolizeidirektion Freiburg. Und Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann sagt im Gespräch mit der BZ: "Das ist hochgradig unverantwortlich."

Im Gebiet des gesamten Polizeipräsidiums (Stadt Freiburg und die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Lörrach und Waldshut-Tiengen) hat die Polizei 2015 sogar schon 2400 Handyverstöße festgestellt. Wer beim Autofahren erwischt wird, zahlt 60 Euro und bekommt einen Punkt in Flensburg, Radfahrer zahlen 25 Euro, einen Punkt bekommen sie nicht.

Handys beschlagnahmen?

Eine Verschärfung der Gesetze hält Verkehrsminister Hermann nicht für die Lösung; ein Punkt wiege seit der Reform des Flensburger Systems im Mai 2014 doppelt so schwer wie früher. Dieter Klipfel aus der Führungsgruppe der Freiburger Verkehrspolizei hält das Vorgehen der dänischen und italienischen Polizei für recht wirkungsvoll: Diese beschlagnahmen Handys von allen erwischten Autofahrern.

Im Raum Stuttgart steht derzeit eine Frau vor Gericht, die einen Radfahrer totgefahren und einen weiteren schwer verletzt hat, weil sie das Handy beim Autofahren benutzte. Inwiefern Handyverstößen konkret zu Unfällen führen, kann die Polizei allerdings meist nicht sagen, die Dunkelziffer ist immens. "Oft haben wir die Schwierigkeit, dass wir es nicht belegen können", sagt Oldenburg. Es gebe mit Sicherheit "eine erkleckliche Zahl" an Unfällen durch Handynutzung.

Probleme beim Nachweis

Für die Polizei ist der Nachweis das Problem: Er gelingt nur, wenn der Unfallteilnehmer sein Fehlverhalten einräumt oder die Polizei es anhand der ausgelesenen Handydaten rekonstruiert – was juristisch aber nur bei schweren Unfällen und Hinweisen auf Handygebrauch möglich ist. Eine sekundengenaue zeitliche Festlegung eines Unfalls, die mit dem Telefonat korrespondiert, ist schier unmöglich, sagt Oldenburg.

In Europa sterben jährlich 3500 Menschen durch Unfälle, bei denen Ablenkung der Auslöser dafür war, dass die Spur oder der Abstand nicht eingehalten wurde oder das Reaktionsvermögen beeinträchtigt war. Die Gefahr, dass Smartphones Ursache solcher Unfälle sind, ist laut Polizei hoch: Zwei Sekunden Ablenkung bei Tempo 100 bedeuten mehr als 50 Meter Blindflug – das heißt, so lange kann dem Fahrer ein Hund oder eine Katze, aber auch ein Kind vors Auto laufen, ohne dass er es merkt.

Freisprechanlagen sind nicht ideal

Einer Studie der Technischen Universität Braunschweig zufolge reduziert das Schreiben von SMS die Aufmerksamkeit um 70 Prozent, das Bedienen des Telefons um 62 Prozent und des Navigationsgeräts um 59 Prozent. Auch Freisprechanlagen oder Ohrclips (das Benutzen von Kopfhörern oder Ohrstöpseln ist gar nicht erlaubt) hält Uwe Oldenburg nicht für ideal, er rät zu kurzen Telefonaten. Wer streiten oder diskutieren wolle, solle einen Parkplatz ansteuern. Auch Verkehrsminister Herrmann hält das so: "Ich führe keine schwierigen Debatten im Auto", selbst die Freisprechanlage benutze er nur "für simple Dinge".

An der Aufklärungskampagne des Bundes- und des Landesverkehrsministeriums sowie des Deutschen Verkehrssicherheitsrats beteiligen sich alle baden-württembergischen Fußballclubs der Ersten und Zweiten Liga; vor und während der Spiele wird Infomaterial verteilt, und im Stadion läuft ein Clip. Man richte sich dabei gezielt an ein junges Publikum, sagt Hermann. Zwei Profis des VfB Stuttgart gingen nicht gerade mit gutem Beispiel voran: Sercan Sararer machte bei 282 Stundenkilometern ein Foto seines Armaturenbretts, und VfB-Star Daniel Didavi postete ein Selfie von sich beim Fahren.

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