Clubkultur
Berghain-DJ Fiedel: "Ich bin kein Auflegeroboter"
Michael "Fiedel" Fiedler vom Berliner Techno-Club Berghain spricht im Interview über Marathon-Sets und rohe Soundästhetik. Der DJ legt im Freiburger Club Crash auf.
Fr, 3. Jun 2016, 19:27 Uhr
Freiburg
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BZ: Herr Fiedler, Szenekenner beschreiben Sie in Fachmagazinen mit den Worten "peaktime champion". Was verstehen Sie darunter?
Michael Fiedler: Im Club ist die Peaktime der Zeitpunkt, in dem die meisten Leute da sind und die Party ihren Höhepunkt erreicht. Das unterscheidet sich von Club zu Club. Ich kann mir als DJ aber auch selber eine Peaktime schaffen, in dem ich mit Dynamiken und Rhythmen spiele und dadurch mein Publikum bewegen und mitreißen kann. Champion, ich weiß nicht...
BZ: Im Berghain, Ihrem Resident-Club, dauern die Partys bis Montagmittag. Wann wird da der Höhepunkt erreicht?
Michael Fiedler: Eine Clubnacht im Berghain durchläuft verschiedene Phasen. Den einen Höhepunkt gibt es dort nicht. Für mich als DJ ist es stets ein tolles Gefühl, wenn ich einen Weg finde, mit meinem Publikum zu kommunizieren, ob ich nun die Nacht eröffne oder das Closing am Montag spiele. Wenn montags immer noch 400 Leute auf der Tanzfläche stehen und ich sie in Wallung bringen kann, ist das ein tolles Gefühl. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, ob ich acht oder zwölf Stunden am Stück auflege.
Michael Fiedler: Ich entscheide nach Tagesgefühl, was in meine Plattentasche kommt. Manchmal wähle ich eine Platte aus und spinne eine musikalische Struktur drum herum. Dann wieder suche ich Platten, die eine Stimmung transportieren. Diese versuche ich auch beim Auflegen rüber zu bringen. Schließlich habe ich auch die Aufgabe, in dieser Zeit mit dem Publikum eine Reise zu machen. Bei langen Sets kann es nicht nur nach vorne gehen. Das Publikum soll ruhig auch mal in ein Wurmloch eintauchen.
BZ: Das heißt?
Michael Fiedler: Wenn ich losgelöst von einer Uhrzeit auflegen kann, beende ich mein Set verträumt. Gerne auch mit einer anderen Rhythmik. Ich finde es schade, dass viele DJs nur harten Techno spielen. Man hat auch eine Aufgabe, den Leuten etwas anderes zu zeigen.
Michael Fiedler: Das sind zwei Dinge. Einmal, dass ich musikalisch und technisch vielseitig sein und alles so zusammen bringen kann, dass es am Ende Sinn macht. Techno macht zwar den Hauptteil meiner Sets aus, aber ich zwänge mich nicht in ein vorgefasstes Schema. Musikalische Diversität ist wichtig. Zweitens bewegt mich die Energie dieser Musik immer noch selber. Die ist so unbändig und kann mich manchmal so bewegen, dass ich die Nadel nur schwer auf die Platte bringe. Ich bin zwar technisch sehr versiert. Ein Auflegeroboter bin ich trotzdem nicht.
BZ: Sie produzieren auch eigene Musik, die eine rohe Ästhetik hat. Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Michael Fiedler: Musik muss mich körperlich bewegen, muss mich gefühlsmäßig mitnehmen. Sie lässt mich entweder tanzen oder träumen. Das versuche ich, mit meinen Stücken auszudrücken. Deshalb funktionieren sie auf der Tanzfläche, sind aber vielleicht etwas intimer als rein funktionale Stücke. Deshalb dauert es immer auch so lange, bis ich etwas veröffentliche.
Michael Fiedler: Erik und ich unterliegen keinem Veröffentlichungsdruck. So kann unsere Musik gären, wachsen und in Ruhe erscheinen. Das bedeutet für mich auch künstlerische Freiheit. Als Einzelkünstler fräse und feile ich zwar auch an meinem Sound, aber ein Stück wird für mich schneller greifbar, schneller spielbar. Da nehme ich die Perspektive des DJs ein.
BZ: Wann ist für Sie ein Stück eigentlich fertig?
Michael Fiedler: Tracks müssen ein Gefühl erzeugen. Entweder muss ich darin schwelgen oder dazu tanzen können, auch im Studio, am Mischpult.
BZ: Mit Fiedelone und Fiedeltwo betreiben Sie mittlerweile auch zwei eigene Plattenlabels. Wofür stehen diese und was unterscheidet sie?
Michael Fiedler: Fiedelone halte ich für meine Soloarbeiten frei. Auf Fiedeltwo veröffentliche ich Kollaborationen mit befreundeten Künstlern. Von diesen gemeinsamen Sessions profitiere ich sehr.
- fudder: Erste Hilfe für DJ-Einsteiger
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