Neue Strassenbahn
Der Urbos startet in Freiburg – BZ testet neue Tram
Der neue elegante Spanier ist da: Die Urbos-Straßenbahn der Freiburger Verkehrs-AG feiert offiziell ihre Premiere. Bei einer Testfahrt durfte die BZ an den Steuerknüppel.
Mi, 15. Jul 2015, 20:21 Uhr
Freiburg
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Der erste Eindruck: Schick sieht er aus, die Tram aus Saragossa. Drinnen riecht alles nach Neufahrzeug. Zwölf Urbosse hat die VAG in Spanien geordert, sechs sind schon da, sechs weitere kommen noch. Die ersten drei Bahnen sind startklar – und jetzt also die erste Probefahrt mit Amateur-Pilot.
"Eines vorweg: Wir brauchen die Bahn morgen", scherzt Werkstattleiter Wilhelm Schmid, der sich auf den Fahrlehrerplatz neben dem bequemen Pilotensessel setzt. Dann mal los: "Sollwertgeber nach vorne schieben." Sollwertgeber, so heißt der Hebel für die wichtigen Funktionen. Ein bisschen nach vorne: Bahn fährt langsam. Ganz nach vorne: Bahn fährt schnell. Hebel nach hinten: Bahn bremst. Als handelsüblicher Kleinwagenfahrer hat man schon ein paar Schweißperlchen auf der Stirn, wenn die Bahn – 42 Meter Länge, 3,3 Millionen Euro Stückpreis – in Fahrt kommt. Sollwertgeber und Testfahrer müssen sich erst aneinander gewöhnen.
Der Urbos fährt um die erste Kurve. Es ruckelt ein bissle. Auf dem VAG-Gelände haben sich alle in Werkstätten und Büros in Sicherheit gebracht. Nur der Videoreporter von badische-zeitung.de stellt sich mit seiner Kamera mutig auf die Schienen und ruft: "Fahr auf mich zu und brems’ dann in den Stand." Der hat Nerven. Wie war das mit dem Bremsen noch gleich? Doch das Manöver gelingt, der Kollege lebt.
Der Urbos verfügt über ein Touchscreen-Display. Insgesamt hat er weniger Knöpfe als die alten Bahnen, berichtet Wilhelm Schmid. Besonders cool: Die Rückspielgel sind Bildschirme, die das Bild der außen an der Tram angebrachten Kameras zeigen. Fährt der Urbos in eine Haltestelle ein, teilt sich das Bild auf und der Fahrer hat sozusagen einen Rundumblick. Wir rollen wieder, die nächste Kurve kommt. Alle paar Sekunden muss man mit dem Daumen einen Sensor am Sollwertgeber-Hebel berühren. Das zeigt dem Urbos, dass beim Fahrer alles klar ist. Bleibt die Berührung aus – zum Beispiel weil der Fahrer ohnmächtig wurde – hält die Tram automatisch an.
CAF-Fahrzeuge rollen schon durch Nantes, Stockholm oder Edinburg, durch Sydney und durch Taiwan. Die Urbos-Lieferung für Freiburg war der erste Auftrag des Unternehmens für Deutschland. Die Sache wurde zum Pionierprojekt, wie Johannes Waibel, Bereichsleiter Technik bei der VAG, berichtet. Die nötigen Dokumentationen für die Erstzulassung im Bundesgebiet sind rund 8000 Seiten stark. Spanische Ingenieure, Mitarbeiter der CAF-Niederlassung in München und VAG-Experten arbeiten Hand in Hand.
"Als wir den Urbos erstmals ohne Schutzfolien gesehen haben, war das ein toller Moment", erzählt Waibel bei der Fahrzeug-Besichtigung nach der Testtour. Die neue Tram besticht vor allem mit inneren Werten. Dazu zählt: Mehr Platz und mehr Stellflächen für Kinderwagen, Rollstühle oder Rollatoren. Die Fahrerkabine ist komplett abgetrennt. Fahrkarten gibt’s im Urbos nur an den Automaten.
Die nehmen EC-Karten und Geldscheine.Und natürlich hat der spanische Freiburg-Neuling eine Klimaanlage mit einer neuartigen Lüftung, sagt Technikchef Waibel. In den Fahrzeugen verteilt sind 16 Info-Bildschirme. Und es gibt eine Sprechanlage, um Kontakt mit dem Fahrer aufzunehmen. "Die Scheiben sind weiter nach unten gezogen, deswegen ist die Bahn auch heller", so Johannes Waibel.
Die Urbosse tragen bei der VAG die Fahrzeugnummern 301 bis 312. Am Donnerstag finden die Jungfernfahrten statt – ohne Ruckeln, weil mit Profis am Steuerhebel. Abends gibt es noch zwei bereits ausgebuchte Sonderfahrten. Ein Straßenbahnfan aus Berlin (!) ist eigens nach Freiburg gekommen und war auch schon am Mittwoch vor Ort, um die Urbos-Premiere zu fotografieren. Nach der Testfahrt staunen die VAG-Leute auch über eine Fotodrohne unbekannter Herkunft, die übers Areal fliegt.
Vom Montag, 27. Juli, an verkehren Urbosse regulär auf den Linien 3 und 5. Dann übrigens mit Fahrerpersonal, das die spanische Flotte mit der nötigen Eleganz durch die Stadt bewegen kann. Ganz ohne Ruckeln.
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