Aus Begegnungen entstehen gemeinsame Geschichten
Im Freiburger Goethe-Institut ist die Ausstellung "Black Germany – Vor dem Zweiten Weltkrieg" zu sehen.
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Das hatte aufs Individuum heruntergebrochen schon die korrespondierende Ausstellung "Homestory Deutschland. Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart" im Kommunalen Kino eindrucksvoll gezeigt. Überrascht war, wie sie auf der Vernissage berichtete, sogar Ausstellungsorganisatorin Eva Ulrike Pirker, als sie den schottischen Wissenschaftler Robbie Aitken kennenlernte. Kann man wirklich ein Forscherleben dem Studium der Geschichte der Schwarzen in Deutschland widmen? Gibt es da so viel zu forschen? Also lud sie Aitken mit seiner Ausstellung "Black Germany before the Second World War" nach Freiburg ein, und ließ ihn die Antwort im Eröffnungsvortrag vor den im Goethe-Institut erstmals auch deutsch betexteten Exponaten selbst geben.
Für das Überraschungsmoment hatte Aitken eine Erklärung: Es gab lange Zeit tatsächlich sehr wenige Afrodeutsche. Der Anteil der Schwarzen Bevölkerung in Europa steht in direktem Zusammenhang zur Kolonialgeschichte. Die war in Deutschland relativ kurz. Es gab zwar Kolonien, etwa in Kamerun, Togo, Namibia, Ruanda, Tansania und Burundi, aber die waren nach dem Ersten Weltkrieg futsch.
In dieser kurzen Zeit war Deutschland dazu wie alle Kolonialmächte rassistisch bis in die Gesetzgebung. Dass ein Schwarzer deutscher Staatsbürger werden konnte, war nicht vorgesehen. Zwar kamen ab 1884 mit der ersten Kolonie Deutsch-Südwest bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs Tausende von Schwarzen als Matrosen, Heizer, Diener oder zur Ausbildung nach Deutschland, aber ohne Bleibeperspektive. Ausnahme waren bis zum gewissen Grad Darstellertruppen, die den Kolonialmächten in Folklore-Shows afrikanisches Dorfleben vorspielten.
Nach dem ersten Weltkrieg endete Deutschlands Kolonialperspektive und damit auch das Interesse am Austausch mit afrikanischen Ländern. Kinder aus Mischehen wurden zwangssterilisiert, Frauen von Schwarzen Männern verloren die Staatsbürgerschaft. Wie sollten unter diesen widrigen Umständen afrodeutschen Biografien zustande kommen? Andererseits bot selbst das rassistische Deutschland Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen. Auch wenn es zahlenmäßig nicht sehr viele waren, kamen Menschen aus allen Teilen Afrikas doch bis in die Provinz, wie Aitken unter anderem mit Fotos aus Staufen und Freiburg belegte. Aus Begegnungen entstehen gemeinsame Geschichten.
Sänger Thierry Boudjekeu und Gitarrist Christian Armin machten das auf sinnlicher Ebene spürbar. Den einen traf Mitveranstalterin Rufine Songue zufällig in Bayreuth, den anderen hörte sie in Freiburg. Schon war eine gemeinsame Geschichte gefügt, mit beeindruckendem Ergebnis und weiterem Überraschungsmoment: Seine grandiose Stimme nutzt Boudjekeu beruflich fürs Dolmetschen, Singen ist nur Hobby.
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