Interview

Wie finden Eltern und Kinder die passende Schule? Das rät ein Experte

BZ-INTERVIEWmit Benjamin Hennig zur weiterführenden Schule.  

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Benjamin Hennig leitet seit 2008 die Schulpsychologische Beratungsstelle.    | Foto: rita eggstein
Benjamin Hennig leitet seit 2008 die Schulpsychologische Beratungsstelle. Foto: rita eggstein

Der Tag der Entscheidung naht: Viertklässler und ihre Eltern müssen sich langsam Gedanken machen, wie es nach der Grundschulzeit weitergehen soll. Eine erste Orientierung bietet ein Infoabend im Konzerthaus am kommenden Donnerstag, bei dem sich die 20 öffentlichen und sieben privaten weiterführenden Freiburger Schulen vorstellen. Welche aus der Fülle des Angebots ist die Richtige? Über die Qual der Wahl sprach BZ-Mitarbeiterin Anita Rüffer mit Benjamin Hennig, Leiter der Schulpsychologischen Beratungsstelle am Staatlichen Schulamt Freiburg.

BZ: Herr Hennig, Sie haben selber eine Tochter in der vierten Klasse. Wie finden Sie als Vater und Experte die richtige Schule für Ihr Kind?
Hennig: Ich beobachte, welche Interessen, Stärken und Schwächen mein Kind hat, wie gut es sich konzentrieren kann und wie sein Lern- und Sozialverhalten ist. Eltern kennen ihr Kind nur von Zuhause, deshalb ist es wichtig, die Hinweise der Lehrkräfte, besonders der Klassenlehrkraft, über seine schulische Entwicklung einzubeziehen. Aus der Gesamtschau lässt sich ableiten, welche Bildungsangebote es braucht.

BZ: Spielen auch äußere Faktoren wie die Lage der Schule eine Rolle?
Hennig: Natürlich ist auch die Nähe zum Wohnort für die meisten Kinder und Eltern wichtig und ob Freunde dorthin gehen. Wenn eine nähere Auswahl getroffen ist, sollten Eltern und Kinder sich die Schulen anschauen bei Informationsveranstaltungen, die alle anbieten, dabei auf die pädagogischen Angebote und das soziale Klima achten, mit Lehrkräften und Eltern ins Gespräch kommen, um sich ein Bild zu machen. Unterschiede gibt es nicht nur zwischen den Schularten, auch die Schulen einer Schulart setzen unterschiedliche Schwerpunkte.

BZ: Eltern können sich frei entscheiden, an welche weiterführende Schule sie ihr Kind schicken. Die Empfehlung der Grundschule ist nicht mehr verbindlich. Es gibt sie aber noch. Sollten Eltern sich danach richten?
Hennig: Die Grundschulempfehlung sollten sie ernst nehmen. Sie wird gewissenhaft erwogen. Von den weiterführenden Schulen hören wir von einer zunehmenden Tendenz mancher Eltern, ihre Kinder zu überfordern, indem sie sie entgegen der Empfehlung an eine höhere Schulart schicken. Schon im Vorfeld bieten die Grundschulen individuelle Elterngespräche an. Wer dennoch an der Schulempfehlung zweifelt, kann eine unabhängige Beratungslehrkraft hinzuziehen, die das Kind eventuell testet und mit den Eltern und der Schule Ideen für den weiteren Weg entwickelt. In unserem Einzugsbereich haben wir 100 Beratungslehrkräfte, die von uns ausgebildet und begleitet werden. Sie beraten auch bei Schulschwierigkeiten in allen Schularten und Schulstufen.

BZ: Woran erkennen Eltern, wenn sie die falsche Entscheidung getroffen haben?
Hennig: Bei manchen Kindern klappt der Übergang ganz unkompliziert: Sie finden schnell Freunde und blühen geradezu auf in der neuen Schule. Die meisten aber brauchen Zeit, sich im neuen Umfeld zu orientieren und sich an veränderten Unterricht und höhere Anforderungen anzupassen. Halten die Anpassungsschwierigkeiten über Monate an und haben Eltern das Gefühl, ihr Kind geht in vielen Fächern unter, sollten sie frühzeitig im Gespräch mit der Klassenlehrkraft klären, ob eine Förderung oder besser ein baldiger Schulwechsel sinnvoll wäre. Nach meiner Erfahrung, die durch die Statistik bestätigt wird, quälen sich viele Kinder durch die Eingangsstufe und wechseln erst in der achten oder neunten Klasse aus dem Gymnasium in eine Real- oder Werkrealschule. Es wäre ihnen viel Leid erspart worden, wären sie gleich dort hingegangen, wo sie sich als kompetent erleben können.
BZ: Lassen sich überhaupt Prognosen über die schulische Entwicklung in diesem jungen Alter abgeben?
Hennig: Das ist tatsächlich schwierig. Wichtig ist, dass Eltern sich nicht am angestrebten Abschluss orientieren, sondern daran, was zum jetzigen Zeitpunkt ein gutes Bildungsangebot für ihr Kind ist. Nach jedem Abschluss gibt es Möglichkeiten, für den nächst höheren Abschluss weiter zur Schule zu gehen. Eine Werkreal- oder Realschule zu wählen, heißt also nicht, dass das Kind später nicht studieren kann.

Benjamin Hennig, 39, verheirateter, dreifacher Vater, ist Diplom-Psychologe. Er leitet die Schulpsychologische Beratungsstelle.


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