Prozess
Gericht sieht Täuschung bei Alpirsbacher Bürgermeisterwahl
Wer seine Wähler nicht umfassend informiert, täuscht – das entschied das Verwaltungsgericht im Fall der Alpirsbacher Bürgermeisterwahl. Doch das letzte Wort ist möglicherweise nicht gesprochen.
dpa
Mi, 26. Feb 2025, 12:32 Uhr
Baden-Württemberg
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Karlsruhe (dpa/lsw) - Bei der Bürgermeisterwahl von Alpirsbach im Schwarzwald sind die Wähler nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe getäuscht worden. Wahlsieger Sven Christmann habe mit nicht vollständigen Aussagen zu seinem Dienstverhältnis bei der Polizei die Wähler fehlgeleitet.
Die so verursachte Täuschung sei geeignet gewesen, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen, erläuterte das Gericht in einer jetzt veröffentlichten Urteilsbegründung.
Das Gericht hatte bereits am 28. Januar die Klage von Christmann abgewiesen, nun aber erst die Begründung nachgeliefert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Wahl annulliert
Der parteilose Polizeihauptkommissar Christmann hatte bei der Stichwahl in dem 6.000-Einwohner-Ort im Landkreis Freudenstadt Ende April 2024 knapp 56 Prozent der Stimmen erhalten. Das Landratsamt Freudenstadt annullierte jedoch die Wahl und verlangte eine Neuwahl, weil es Christmann vorgeworfen hatte, die Wähler im Hinblick auf sein Dienstverhältnis bei der Polizei getäuscht zu haben. Dagegen klagte Christmann.
Christmann hätte aus Sicht der Behörde darüber aufklären müssen, dass er aufgrund von Ermittlungen wegen möglicher Bestechlichkeit bei der Beschaffung von Trocknungsschränken für die Polizei nicht aktiv im Dienst ist.
Gericht sieht Wahlbeeinflussung
Dem Kläger sei die Führung der Dienstgeschäfte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt worden, so das Gericht – wegen des Verdachts, dass er sich in einem dienstlichen Beschaffungsvorgang einen vermögenswerten Vorteil verschafft habe.
Indem er kurz vor der Wahl dementiert habe, dass er deshalb suspendiert worden sei, habe er eine "bedeutsame Täuschung" begangen. Diese sei geeignet gewesen, das Ergebnis der Wahl gesetzwidrig zu beeinflussen.
Was kam beim Bürger an?
Dabei komme es nicht auf den dienstrechtlichen Bedeutungsgehalt des Begriffs "Suspendierung" an, betonte das Gericht. Ob eine Täuschung vorliege, bestimme sich nach der objektiv zu bewertenden Perspektive des "verständigen Wahlbürgers".
Wer sich als Bewerber für eine Bürgermeisterwahl zu einem Disziplinarverfahren äußere, aber den zentralen Umstand auslasse, warum ihm das Arbeiten nicht gestattet sei, informiere nicht umfassend und vollständig. Er leite vielmehr die Wähler "in gewichtiger Weise und damit im Ergebnis fehl".
Die Bedeutung des Charakters
Das Gericht führte weiter aus: Es liege schon nach allgemeiner Lebenserfahrung nahe, dass Charaktereigenschaften eines Kandidaten betreffende Äußerungen von erheblicher Bedeutung für das Ergebnis einer persönlichen Bürgermeisterwahl seien.
Das letzte Wort könnten andere sprechen
Der Kläger kann innerhalb von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen. In einem weiteren Schritt wäre das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Bevor die Stadt eine neue Wahl ansetzt, will sie abwarten, ob Rechtsmittel eingelegt werden.
© dpa-infocom, dpa:250226-930-387484/1