Freiburg

Tram nimmt Mutter mit und lässt Kind stehen

Alptraum für Mutter und Sohn: Die Straßenbahntür geht zu, der Sechsjährige bleibt draußen und der Fahrer hält nicht an. Erst die Notbremse stoppte die Tram. Nun hat die Mutter einen Anwalt eingeschaltet.  

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An der Haltestelle „Bugginger St... ein Kind von seiner Mutter getrennt.   | Foto: Rita Eggstein
An der Haltestelle „Bugginger Straße“ in Weingarten hat die Tür der Straßenbahn ein Kind von seiner Mutter getrennt. Foto: Rita Eggstein

Die Tür der Straßenbahn geht zu, die Tram fährt los – und für Elvira Dalke beginnt ein Alptraum: Sie steht in der Bahn, ihr kleiner Sohn voller Panik draußen. Der Sechsjährige schreit, Elvira Dalke schreit, andere Passagiere schreien – doch der Fahrer hält nicht an. Mehrere hundert Meter läuft das Kind in der Dunkelheit neben der Bahn her, ehe gleich mehrere Mitfahrende die Notbremse ziehen. Die Freiburger Verkehrs-AG (VAG) bedauert den Vorfall. Elvira Dalke ist so verärgert über das Verhalten des Fahrers, dass sie einen Anwalt eingeschaltet hat.

Der Vorfall hat sich bereits vor knapp zwei Wochen an einem Donnerstagabend nach 19 Uhr ereignet. In die Öffentlichkeit gelangte der Fall erst jetzt, weil Elvira Dalke über das soziale Netzwerk Facebook Zeugen suchte. Zwei Frauen meldeten sich, die die Version der Mutter bestätigten.

In Panik lief der Junge der Bahn hinterher

Was war geschehen? Die 31-Jährige war mit ihrem Sohn am Bertoldsbrunnen in der Innenstadt eingestiegen. An der Haltestelle Bugginger Straße in Weingarten wollte sie die Tram verlassen, genau wie eine Mutter mit Kinderwagen und Kind auf dem Arm. "Ich wollte ihr helfen", berichtet Elvira Dalke. Es war ein älteres Tram-Modell mit Stufenausstieg. Dalkes Sohn stand bereits draußen, die beiden Mütter mühten sich wegen der Stufen noch ab – da schlossen sich die Türen. Die Bahn fuhr ab.

"Mein Junge geriet in Panik, ich geriet in Panik, alle Leute in der Bahn haben laut gerufen", berichtet Elvira Dalke. Die Bahn sei höchstens halb voll gewesen. Der Fahrer hielt jedoch nicht an und fuhr weiter Richtung "Lindenwäldle". Der Junge lief, was alle durchs Fenster sahen, der Bahn schreiend hinterher. Passagiere in der Bahn stürmten nach vorne zum Fahrer, ohne Erfolg. Gleich mehrere Fahrgäste sollen sogar die Notbremse gezogen haben. Die Bahn stand, doch die Türen blieben vorerst zu. Laut Dalke klopften die Leute gegen die Fenster. "Ihr könnt klopfen, so lange ihr wollt, ich öffne die Türen nicht", wird der Fahrer zitiert. Irgendwann gingen sie doch auf – wie, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Der Sohn hatte die Bahn inzwischen eingeholt, auch Passanten waren schon auf ihn aufmerksam geworden.

Laut VAG kann so ein Vorfall mal passieren

Am Tag danach wandte sich Dalke an den Verkehrsbetrieb. "Die VAG bedauert den Vorfall zutiefst. So etwas sollte nicht passieren, kann aber passieren", erklärt VAG-Sprecher Andreas Hildebrandt auf BZ-Nachfrage. Der Vorfall habe sich an einer hinteren Tür der 33 Meter langen Bahn ereignet. Für den Fahrer, mit dem man hausintern bereits gesprochen habe, sei es nicht ersichtlich gewesen, dass – nachdem die Türen zugegangen waren – noch jemand aussteigen wollte. Die Aufregung im hinteren Fahrzeugteil habe der Fahrer "nur am Rande" mitbekommen.

Dieser Darstellung widerspricht jedoch eine Zeugin, die Zehntklässlerin Jaqueline. "Das ist eine Lüge", berichtet sie der BZ. Sie sei direkt hinter dem Fahrer gesessen und sofort auf die Situation aufmerksam geworden. Alle hätten gerufen, mehrere Leute seien zum Fahrer gerannt und hätten ihn aufgefordert, anzuhalten. Bis die Bahn endlich stand, habe sie etwa 500 Meter, also die Hälfte der Strecke bis zur nächsten Haltestelle, zurückgelegt.

Elvira Dalke, Mutter von vier Kindern, hat Anzeige erstattet, weiß aber, dass die Sache strafrechtlich kaum relevant sein wird. Sie prüft nun mit einem Anwalt eine Zivilklage. Ihr Sohn habe den Zwischenfall nur schwer verdaut. Er weigere sich seit jenem Abend, Straßenbahn zu fahren. Auf Facebook hätten ihr andere VAG-Kunden auch von negativen Erfahrungen berichtet.

Einige Fälle schlugen auch schon Wellen, wie etwa der des Nachtbusfahrers, der vor knapp zwei Jahren Jugendliche stehen ließ, weil sie mit zu viel rotem Kleingeld zahlen wollten. Aber: Immer wieder loben Fahrgäste auch beispielhaftes und – anders als in dem Weingartener Fall – rücksichtsvolles Verhalten des VAG-Personals.

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