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Kulturgut

Der Gartenzwerg aus Keramik droht auszusterben

Noch steht so mancher Gartenzwerg in gepflegten Beeten. Doch das urdeutsche Zierobjekt wird immer seltener klassisch aus Ton hergestellt – obwohl die Nachfrage insgesamt steigt.  

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Nicht traurig sein, kleiner Gartenzwerg.  | Foto: dpa
Nicht traurig sein, kleiner Gartenzwerg. Foto: dpa
Der klassische Gartenzwerg gehört zu Deutschland wie Bratwurst und Fußball – nur: Wie lange noch? Hergestellt wird das kleine Keramikmännchen mit der Zipfelmütze nur noch von wenigen Firmen. "Die Qualität hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen, es gibt kaum noch Hersteller. Und ich denke, da wird auch nichts mehr nachkommen", sagt Experte Frank Ullrich vom Zwergenpark Trusetal. Dabei verzeichnen Händler eine immer stärkere Nachfrage nach den kleinen Männern, die entweder als Kult- wie als Hassobjekt gesehen werden.

Der letzte große Hersteller der traditionsreichen Keramikfiguren sitzt im thüringischen Gräfenroda. Vor zwei Jahren feierte Inhaber Reinhard Griebel das 140. Firmenjubiläum der Familienmanufaktur. Griebels Vorfahren zählen zu den Kandidaten, die den in Serie produzierten Keramikzwerg erfunden haben sollen. Damals schmückte er noch als "Gnömchen" die Gärten.

Die Geschichte des massenhaft produzierten deutschen Gartenzwergs begann Ende des 19. Jahrhunderts, erzählt Ullrich. Der älteste Nachweis sei eine Werbeanzeige der Firma Etruria. Mit dem Entstehen von Schrebergärten und Kleingartenkultur erlebte der Zwerg einen Aufschwung. "De facto hatten damals fast alle deutschen Keramikhersteller auch Gartenzwerge im Angebot." Dabei entsprach der Preis von 35 Reichsmark für so ein kleines Geschöpf einem durchschnittlichen Monatslohn.

Heute könne ein gut erhaltener Gartenzwerg von einem namhaften Hersteller bei Auktionen durchaus bis zu 3500 Euro einbringen. Auch Griebel bemängelt die mittlerweile minderwertige Qualität der schmunzelnden Mützenmänner. Weil die Preise möglichst niedrig gehalten werden müssten, seien detailreiche Figuren mit vielen Accessoires fast ganz verschwunden.

Neben Griebels Firma mit angeschlossenem Museum und dem Zwergen-Schaugießen in Gräfenroda hat sich in Trusetal der Zwergenpark angesiedelt. Rund 2500 Zwerge hat Frank Ullrich bislang für seinen Park gesammelt – für die wertvolleren Figuren gibt es einen eigenen Museumsbereich. Im fränkischen Neustadt, einen Steinwurf von der thüringischen Landesgrenze entfernt, gibt es zudem zwei Firmen, die in größerem Maßstab Zwerge aus Kunststoff produzieren.

Der Zwerg selbst hat sich verändert, sagen Kenner. Während ältere Modelle noch meist von der Arbeit gezeichnete, wettergegerbte Gesichter hatten, finden sich heute fast nur noch Modelle mit glatten Gesichtszügen – und Dauergrinsen. "Der Gartenzwerg ist heute eher zum Spaßprodukt geworden", sagt Ronald Rasch, hauptberuflicher Zwergenhändler. Rund 750 Modelle bietet er in seinem Internetshop an. "Jedes Jahr steigt die Nachfrage ein bisschen mehr an."

Nachdem der letzte Trend – frivole Nudisten- und Exhibitionisten-Zwerge – langsam abklinge, seien verchromte Modelle momentan gefragt. "Figuren aus deutscher Produktion sind besonders beliebt", sagt Rasch. "Sie sind deutlich wetterbeständiger und haltbarer als die billigen Baumarkt-Exemplare, die nach einer Saison im Müll landen." Auch Andreas Ehrlicher von der Firma Rakso aus dem fränkischen Neustadt, die seit den 70er Jahren PVC-Gartenzwerge produziert, sagt: "Die Nachfrage ist definitiv da und sie ist steigend."

Wie lange es den Keramik-Gartenzwerg aus deutscher Produktion noch geben wird, ist offen. "Wir suchen seit Jahren einen Nachfolger, bisher waren alle von der vielen Arbeit und dem Risiko als Selbstständiger abgeschreckt", sagt Griebel. Ans Aufhören denkt der studierte Keramik-Ingenieur zwar noch nicht. Es wäre aber wichtig, bald jemanden zu finden, der das Handwerk und das Museum fortführe. "Ansonsten wird diese Tradition vermutlich aufhören."

Ressort: Panorama

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