Jubiläum

50 Jahre Vereinigte Arabische Emirate: Auf der Überholspur ins Übermorgenland

50 Jahre nach ihrer Gründung haben die Vereinigten Arabischen Emirate Grund zum Feiern. Die krassen Widersprüche im Staatenbund am Persischen Golf standen dem Aufschwung bisher nicht im Wege.  

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Es glitzert, es blinkt, es strahlt &#8...Welt. Lästige Fragen sind unerwünscht.  | Foto: samott – Fotolia
Es glitzert, es blinkt, es strahlt – so präsentiert sich Dubai (hier die Skyline) gerne der ganzen Welt. Lästige Fragen sind unerwünscht. Foto: samott – Fotolia
War es ein brillanter oder ein zynischer Marketing-Schachzug, als im Februar 2016 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Ministerin für Glück und Wohlbefinden ernannt wurde? Wenige Monate später gingen die Machthaber des Kleinstaaten-Verbundes am Persischen Golf noch einen Schritt weiter und schufen ein "Ministerium für Toleranz", das es bis dato nirgendwo auf der Welt gegeben hatte. Ahnungslosen Außenstehenden sollte so der Eindruck einer heilen Welt vermittelt werden, in der ein Wohlfühlministerium "Programme entwickelt, um die Menschen glücklicher zu machen". Freilich nicht alle.

Nur zehn Prozent der etwa zehn Millionen Einwohner besitzen einen Pass der Emirate. 90 Prozent sind ausländische Arbeitsmigranten, von denen fast 70 Prozent aus Südasien kommen. Sie haben die Emirate Abu Dhabi, Dubai, Scharjah, Ajman, Ras al Khaima, Umm al Quwein und Fujeirah, in denen bei ihrem Zusammenschluss am 2. Dezember 1971 lediglich 200 000 Menschen lebten, in boomende Wirtschaftszentren verwandelt. Für ihre Arbeit, bei teilweise katastrophalen Bedingungen, wurden und werden sie mit Hungerlöhnen abgespeist. Nur so können Wohlstand und Wohlbefinden der Minderheit dauerhaft garantiert werden.

Seit ihrer Unabhängigkeit vor 50 Jahren befinden sich die Emirate auf der Überholspur. Der Motor war und ist Dubai, dessen Regenten fast alles, was sie anpackten, zu Gold machten. "Unser Emirat muss immer die Nummer eins sein", lautet das Motto von Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum, dem Herrscher von Dubai. "Wer Zweiter wird, interessiert keinen."

Dubais Haltung ist geprägt von Überheblichkeit

Diese Überheblichkeit hätte Dubai fast in den Ruin getrieben. Als die von der Gier lokaler und arabischer Anleger aufgepumpte Immobilienblase 2009 platzte, sicherte die vermeintliche Nummer zwei, das sehr viel reichere, aber etwas bescheidenere Nachbaremirat Abu Dhabi, mit Milliardenkrediten dem selbsternannten "Übermorgenland" das finanzielle Überleben. Das mit 828 Metern höchste Gebäude der Welt heißt seither nicht mehr "Burj Dubai" (Turm von Dubai), sondern "Burj al Khalifa". Die ganze Welt sollte wissen, dass der gleichnamige Emir von Abu Dhabi die maßlosen Brüder in Dubai gerettet hat. Der Schock des Immobiliencrashs saß zunächst tief.

Langfristig passt Bescheidenheit aber nicht zum Selbstverständnis von Dubai. Nur als Nummer 1 bleibt man attraktiv und zieht Touristen aus aller Welt an. So gelang den Vereinigten Arabischen Emiraten wie keinem anderen Land in der arabischen Welt seine Wirtschaft zu diversifizieren. Die Förderung von Öl und Gas macht nur noch ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus. Mit viel Geschick haben es die Stadtstaaten am Persischen Golf geschafft, sich zu einem Steuerparadies und globalen Finanzdienstleistungszentrum zu entwickeln. Überdies gelang es mit brillanten Marketingkampagnen, für die jedes Jahr Millionen ausgegeben werden, aus den Emiraten eine Vergnügungs- und Shoppingmetropole zu machen. Obwohl Dubai teuer ist, ziehen halbjährige Shopping-Festivals Hunderttausende an.

Bezahlte Influencer aus aller Welt schaffen es Jahr für Jahr, Heerscharen von Touristen an die Strände von Dubai zu locken. Nur dort "geht Party", suggerieren leicht bekleidete Bikini-Frauen an den Pools von glitzernden 5-Sterne-Hotels. Von den Regenten gewünscht sind Besucher, die kritiklos konsumieren und feiern, Geschäftsfrauen und -männer, die ihr Business in den Mittelpunkt stellen und ansonsten keine lästigen Fragen stellen.

Etwa nach den Rechten der Frauen in den Emiraten, die ohne die Einwilligung eines männlichen Vormunds weder heiraten noch sich scheiden lassen können. Wie brutal der Herrscher von Dubai die eigene Familie behandelt, erfuhr die Welt im Februar dieses Jahres von dessen Tochter Latifa. Sie hatte nach einer gescheiterten Flucht aus dem Palast ihrer Familie ein Video an den britischen Sender BBC abgesetzt. "Ich bin jetzt eine Geisel in einem vergitterten Palast", verkündete die verängstigte Frau. Ihren Vater verunglimpfte sie "als das Böse in Person".

Zwei Jahre zuvor hatten die herrschenden Scheichs anlässlich des Papst-Besuchs ihr Land "zur Welthauptstadt der Toleranz" proklamiert. Im Gegensatz zu anderen Staaten auf der Arabischen Halbinsel werden in den Emiraten Kultstätten von Christen, Hindus, Sikhs, Buddhisten und Juden geduldet, solange sie unauffällig bleiben. Menschenrechtsorganisationen werfen der Regierung vor, mit dem Schlagwort der religiösen Toleranz ihre politische Intoleranz zu verschleiern.

Auch beim Impfen liegen die VAE ganz vorne

"Auch wenn sie inbrünstig behaupten, ein progressiver, toleranter Rechtsstaat zu sein, sind die VAE in den vergangenen Jahren für Akademiker, Journalisten, Aktivisten beängstigend unsicher geworden", urteilt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Bremsen aber werden die Menschenrechtsverletzungen den Aufschwung vorerst nicht.

Die Pandemie verursachte zwar einen wirtschaftlichen Rückschlag. Der Lockdown beschränkte sich jedoch auf wenige Monate, weil inzwischen fast die gesamte Bevölkerung geimpft wurde – wenngleich hauptsächlich der weniger wirksame chinesische Impfstoff von Sinopharm verabreicht wurde. Auch "beim Impfen sind wir Weltmeister", jubelte die Zeitung Gulf News , nachdem im Oktober die Weltausstellung Expo mit einem Jahr Verspätung eröffnet wurde. "Gedanken verbinden, Zukunft gestalten", lautet das Motto. Es geht um drängende Fragen – zum Beispiel wie Weltmeere von Plastikmüll gesäubert werden können, Flugzeuge umweltfreundlicher werden sowie die klimaneutrale Verkehrsplanung in Millionenstädten bewerkstelligt werden kann. Den Planeten retten wird die Expo nicht. Wie bei anderen Großveranstaltungen in den Emiraten wird auch die Expo als Marketing-Instrument verwendet, um den Tourismus anzukurbeln.

Der muss, damit die Wirtschaft brummt, jedes Jahr zweistellig wachsen. Dass dies in den vergangenen Jahrzehnten meist gelang, ist angesichts der exponierten Lage der Emirate erstaunlich. Erst im vergangenen Jahr haben die Scheichs diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen. Die Beziehungen zum Nachbarn Iran werden trotzdem als gut beschrieben – auch weil man sich als Handelspartner gegenseitig braucht.
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